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  Sommer 2017

Kommunismus lebt – nur nicht in der Spartacist League/U.S.

SL/IKL: Verfolgt vom
revolutionären Trotzkismus!

Gemeinsame Erklärung der ausgeschlossenen Better-Late-Than-Never Faction und der Internationalist Group/Liga für die Vierte Internationale

13. Mai 2016 – Zickzack-Kurs zu grundlegenden programmatischen Fragen, stolpern über die Klassenlinie und Aufgabe leninistischer Schlüsselprinzipien – also die zentristische Degeneration einer einst revolutionären Partei – kommen nicht gut an bei jenen, die tatsächlich für sozialistische Revolution kämpfen wollen. Aber eine Beteiligung an einer offenen und scharfen Debatte mit ihren eigenen Genossen, die die Prinzipien und das Programm des authentischen Trotzkismus verteidigen, auf denen diese Partei früher fußte, ist nicht Teil des Repertoires einer Führung, die ihre Verankerung und ihr Vertrauen in die revolutionäre Kapazität des Proletariats verloren hat.

In den letzten zwei Jahrzehnten, nach der konterrevolutionären Zerstörung der Sowjetunion und der osteuropäischen ;bürokratisch-deformierten Arbeiterstaaten, haben die Spartacist League und ihre Internationale Kommunistische Liga (in Deutschland Spartakist-Arbeiterpartei) Zu­flucht vom Klassenkampf in einer zunehmend nach innen gerichteten, selbst-referentiellen eigenen Welt gesucht. Gleichzeitig hat die SL/IKL eine Säule nach der anderen des trotzkistischen revolutionären Programms revidiert und wieder revidiert, für das sie einst gekämpft hatte. Da sie unfähig sind, den Revisionismus zu verteidigen, der dazu dient, „ihre Hände aus dem kochenden Wasser“ des Klassenkampfs zu ziehen, muss die heutige SL/IKL zu immer kruderen Mitteln greifen, um das unhaltbare zu verteidigen.

Im Gegensatz dazu haben die Internationalist Group und die Liga für die Vierte Internationale, gegründet von Kadern die 1996-98 aus der SL/IKL ausgeschlossen wurden, danach gestrebt, das trotzkistische Programm in die Kämpfe der Arbeiterklasse und der Unterdrückten zu tragen. Trotz ihrer begrenzten Kräfte haben IG/LVI bescheidene aber wichtige Vorstöße in verschiedenen Kämpfen machen können: von Arbeiterstreiks gegen imperialistischen Krieg, über die Organisation von Arbeiterverteidigungsgarden im Streik an der Nationalen Universität von Mexiko (UNAM), bis hin zum Gewinnen von trotzkistischen Kadern unter Jugendlichen und eingewanderten Arbeitern in Kämpfen für gewerkschaftliche Organisation und gegen Abschiebungen und rassistischen Polizeiterror.

Am 16. April hatte die Better-Late-Than-Never Faction (BLTN; Besser-spät-als-nie-Fraktion) der Internationalen Kommunistischen Liga (IKL) ihre Fraktionserklärung vorgelegt. Sie riefen auf zur „Rückkehr auf den Weg des echten Spartacismus“ und zur „Umgruppierung mit der IG/LVI, auf der Grundlage ihrer revolutionären Kontinuität!“ Gleich am nächsten Tag erhielten sie eine Antwort von der Ortsgruppe Los Angeles der Spartacist League, mit der Behauptung, dass das Dokument „offensichtlich in enger Zusammenarbeit mit der Internationalist Group erstellt wurde“, was vollkommen falsch ist, und der zynischen Aussage, dass „wir euer Dokument als Austrittserklärung betrachten und diese hiermit akzeptieren“.

Die Genossen Ines und Wright schickten sofort einen „Brief an alle Mitglieder der IKL“, um die Lüge der Zusammenarbeit mit der IG zurückzuweisen, und um festzustellen, dass sie, um einen prinzipiellen Fraktionskampf gegen die politische Degeneration der IKL führen zu können, weiterhin die Parteidisziplin eingehalten hatten und die IG/LVI nicht kontaktiert hatten. „Wir sind stolze Autodidakten, die die Aufgabe angegangen sind, dieses Fraktionsdokument komplett eigenständig zu recherchieren und zu schreiben“, schrieben sie. „Dass die SL-Führung behauptet, dies sei nicht möglich ... ist eine Verunglimpfung der intellektuellen und politischen Fähigkeiten der IKL-Mitgliedschaft.“

Die Reaktion der IKL-Führer hat eine gewisse perverse Logik: Da sie endlos im Kreis drehten, hin und her schwankten von einer Position zu ihrem Gegenteil über wichtige programmatische Fragen, und nahezu vor jedem großen Test der letzten zwei Jahrzehnte kapitulierten – warum sollten sie glauben, dass jemand unter ihren Mitgliedern zu schneidendem marxistischen Denken fähig sein sollte? Vielleicht zu dem Schluss kommend, dass der Vorwand die BLTN-Fraktion „auszutreten“ all zu durchsichtig war, schickte die SL der Fraktion dann jedoch einen zweiten Brief, um sie explizit für „organisatorische und politische Loyalität“ zur IG auszuschließen. Die Parallele zum Ausschluss der Führer der Revolutionary Tendency 1963 (die später die Spartacist League gründeten) aus der degenerierten Socialist Workers Party für eine „feindliche und illoyale Einstellung“ war kaum zu übersehen.

Erst am 22. April hat die Internationalist Group von der Existenz der Fraktion erfahren, als sie erstmals Kontakt mit der IG herstellte, fünf Tage nach dem Ausschluss aus der IKL.

Die Plattform der BLTN-Fraktion konfrontierte die IKL-Führung mit ihrem anti-trotzkistischen Revisionismus in vier Schlüsselbereichen: „Die russische Frage“, „Die Klassenlinie“, „Der Staat“ und der Kampf für die „Wiederschmiedung einer Vierten Internationale, die Trotzki seine eigene nennen würde“. Sie stellte bloß, wie die Partei, die als einzige einen prinzipienfesten und heroischen Kampf zur Verteidigung der DDR und der Sowjetunion geführt hatte, auf die Niederlage reagierte, indem sie Trotzkis Analyse der dualen Natur der stalinistischen Bürokratie über Bord warf und die Rolle der Bourgeoisie und ihrer sozialdemokratischen Agenten in der kapitalistischen Konterrevolution weiß wusch. Die neue Linie, dass „die Stalinisten die Konterrevolution führten“, wurde im Laufe des Kampfes 1995/96 ausgeheckt, der zum Ausschluss jener Kader führte, die anschließend die Internationalist Group gründeten, und wurde kodifiziert in der „Grundsatzerklärung und einige Elemente des Programms“ der IKL von 1998.

Wie von der BLTN-Fraktion gezeigt, kann sich die IKL noch nicht einmal auf Originalität berufen. Diese Linie stammt aus den ständigen Polemiken gegen die Arbeit der IKL in der DDR, die geschrieben wurden von elenden Stalinophoben wie der falsch benannten Internationalen Bolschewistischen Tendenz oder David North & Co. (heute als World Socialist Web Site firmierend). Und die shachtmanistischen und cliffistischen Verräter des Trotzkismus verwendeten diese Linie um die stalinistische Bürokratie fälschlich als neue ausbeutende Klasse zu bezeichnen, um so die UdSSR nicht gegen den Imperialismus verteidigen zu müssen. Die IKL führte den harten Kampf zur Verteidigung der Errungenschaften der Oktoberrevolution bis zum Ende, nur um dann sechs Jahre später damit zu beginnen, sich dafür selbst zu kasteien. Während die IKL-Führung sich aufführt, als ob dies ein unendliches Spiel der Worte sei, verbreitet sie eine Konzeption, die diejenigen politisch entwaffnet, die tatsächlich für eine proletarisch-politische Revolution in den verbliebenen deformierten Arbeiterstaaten kämpfen würden, was entscheidend ist für deren Verteidigung gegen Imperialismus und Konterrevolution.

IKL-Mitglieder sollten sich fragen, warum dieses Thema immer wieder zurückkommt und ihre Tendenz verfolgt. Vor allem deshalb, weil der, der „die russische Frage berührt, eine Revolution berührt“, wie es der Begründer des amerikanischen Trotzkismus James P. Cannon 1939 in einer Rede über die russische Frage ausdrückte. Er riet deshalb: „Nimm es ernst. Spiele nicht damit.“ Die IKL stolpert auch weiterhin über diesen Grundstein des Trotzkismus, weil das, was später der „Norden-Kampf“ genannt wurde, tatsächlich ein Kampf über ihre eigene Geschichte war. Die neue Linie anzunehmen, bedeutete den Kampf der IKL gegen die Konterrevolution in der DDR und der UdSSR zu verleugnen, einen ihrer stolzesten Momente.

Immerhin initiierte die IKL eine Einheitsfront-Demonstration am 3. Januar 1990 zusammen mit der stalinistischen Regierungspartei, die eine Viertelmillion Menschen mobilisierte um gegen die Nazi-Schändung des sowjetischen Ehrenmals in Berlin-Treptow und die kapitalistische Wiedervereinigung Deutschlands zu protestieren. Wie die Fraktionserklärung fragte:

„Wenn ihr also die Vorstellung akzeptiert, dass die stalinistische Bürokratie die Konterrevolution ‚führte‘ oder ‚zentral verantwortete‘, was sagt das über den Charakter der Treptow-Demons­tration?“

Die Frage wurde schon vorher gestellt, aber von der IKL nie beantwortet.


Rednerin der Trotzkistischen Liga Deutschlands/IKL bei der Treptower Großkundgebung gegen die Nazi-Schändung des sowjetischen Ehrenmals in Berlin-Treptow und die kaptalistische Wiedervereinigung, 3. Januar 1990. Wenn die stalinistische Bürokratie die Konterrevolution „führte“ oder „zentral verantwortete“, wieso konnte die IKL eine Einheitsfront-Demonstration mit ihr machen?  Die Frage wurde von der IKL nie beantwortet. (Foto: Spartakist)

Wir ermutigen unsere Leser, die Erklärung der Better-Late-Than-Never Faction zu studieren, die auf der IG/LVI-Website verfügbar ist (www.internationalist.org). Sie watet (mit Stiefeln und Schaufel, wie Cannon über Polemiken gegen Shachtman sagte) durch den Morast von Lügen, Verzerrungen und Verschleierungen mit denen die IKL-Führung um sich warf, um den eigenen Verrat zu verdecken. Das begann damit, die Genossen der Liga Quarta-Internacionalista do Brasil mit ihrem beispiellosen Kampf, die Polizei aus den Gewerkschaften zu entfernen (was die IKL immer fordert aber nie versucht hat durchzuführen), allein zurück zu lassen und sie zu verraten. Die IKL beschuldigte dann fälschlich die LQB, die Gewerkschaft verklagt zu haben, während LQB-Genossen die Gewerkschaftsführer waren, die verklagt und von den Gerichten abgesetzt wurden. Bis zum heutigen Tag wiederholt die IKL die Lügen der polizeifreundlichen Elemente, die die Macht des bürgerlichen Staates gegen die brasilianischen Trotzkisten verwendeten.

Besonders beeindruckend an der Erklärung war es für die IG, wie die Genossen eigenständig wichtige politische Differenzen zwischen der IKL und der LVI untersuchten. Dazu gehörte die Frage der korporatistischen „Gewerkschaften“ in Mexiko, die eigentlich eine Agentur der staatlichen Kontrolle sind, um das Aufkommen echter Gewerkschaften zu verhindern. Dieses Erbe des Ein-­Parteien-Regimes, das Mexiko sieben Jahrzehnte lang regierte, kann schwierig zu verstehen sein, für diejenigen, die noch nie ein System erlebt haben, in dem nahezu alle sozialen Institutionen unter staatlicher Kontrolle waren. Aber für mexikanische Arbeiter, und für alle, die behaupten, revolutionäre Führung zu bieten, ist das Verständnis dieser Frage buchstäblich eine Frage von Leben und Tod, da die korporatistischen Pseudo-Gewerkschaften hunderte ihrer eigenen Mitglieder ermordet haben, im Einklang mit ihrer gesellschaftlichen Funktion die „Arbeiterbewegung“ direkt in den kapitalistischen Staatsapparat zu integrieren. Die Fraktion hat festgestellt, dass die aktuelle Linie der IKL, die diese Gewerkschafts-­Bullen wie echte Gewerkschaften behandelt, komplett der eigenen veröffentlichten Linie des Jahrzehnts vor den 1996er-Ausschlüssen widerspricht, als Workers Vanguard mexikanische korporatistische Gewerkschaften zu Recht als „gelbe Gewerkschaften im großen Stil“ bezeichnete.

Auf ähnliche Weise stellt sich die heutige IKL vor, dass die Behauptung, dass es in Mexiko keine Volksfront gibt, nie eine gab und auch keine geben kann, ihr dabei hilft, die LVI zu diskreditieren, obwohl der Kampf gegen die Volksfront ein Eckpfeiler für die Arbeit der mexikanischen IKL-Sektion war, seit ihrer Gründung 1988 – bis zur Säuberung ihrer Führer und Jugendaktivisten 1996. Ganz im Gegenteil – durch das Verleugnen der Realität und ihrer eigenen Vergangenheit, werden sie letztlich nur sich selbst diskreditieren.

IKL-Mitglieder und andere, die die Fraktionserklärung lesen, werden erstaunt sein über die Tatsache, dass die BLTN-Genossen den Kampf über andere Fragen begannen: Vor allem über grobe Verzerrungen in Bezug auf die sogenannte „Theorie“ von „White Skin Privilege“ (Privilegierung aufgrund weißer Hautfarbe). So hat ein Führer der Spartacist League in Los Angeles unglaublicher Weise behauptet, dass, da weiße Arbeiter die Mehrheit in den USA darstellen, die weißen Arbeiter „in der Summe“ sogar „mehr ausgebeutet und verelendet“ sind, als schwarze Arbeiter.

Die BLTN-Fraktion befasste sich auch mit der Frage der sogenannten Walking Bosses (Vorarbeiter, die direkt die Hafenbosse repräsentieren) in der International Longshore and Warehouse Union (ILWU, Hafenarbeitergewerkschaft) an der Westküste. Die Fraktion griff die Frage auf, weil die SL von ihrer früheren Position zurückruderte, dass die Walking Bosses zum Management gehören und deshalb nicht in der Gewerkschaft sein sollten. Nach dem Lesen der Fraktionsdokumente, der Recherche über die ILWU in Archiven der Arbeiterbewegung und der SL, sowie der Rücksprache mit ehemaligen Aktivisten des Komitees, dass die SL politisch in der ILWU unterstützt hatte, kam die IG (die diese Frage vorher nicht untersucht hatte) zu der Schlussfolgerung, dass die Position der BLTN-Genossen richtig war. Sie verteidigten die Klassenlinie gegen Versuche der SL sie zu verwischen und Klassenkollaboration auf den Docks zu fördern. Das ist keine kleine Sache in einer der mächtigsten und wichtigsten Gewerkschaften in den Vereinigten Staaten.

Erst nachdem in diesen frühen Kämpfen gegen sie gemauert wurde, hatten die Genossen, die letztlich die Better-­Late-Than-Never Faction bildeten, damit begonnen, tiefer zu graben und die Möglichkeit zu untersuchen, dass IG/LVI in ihrer Analyse der Degeneration der IKL recht haben könnten. Mitglieder der IKL wissen sehr genau, dass die IG/LVI wiederholt gegen ihre Partei Recht hatte, wobei die beschämende SL/IKL-Unterstützung der US-Invasion Haitis unter dem Deckmantel der Erdbebenhilfe nur das ungeheuerlichste Beispiel darstellt.

Nach so vielen Linienänderungen, oft hin und her über die gleiche Frage, und eingestandenem Verrat, ist es unmöglich, dass denkende SL/IKLer nicht nagende Zweifel hegen. Aber viele zögern, das Programm und die Geschichte der LVI zu untersuchen – wie es die BLTN-Fraktion mutig und offen tat –, weil sie befürchten (zu Recht, wie sich gerade gezeigt hat), dass ihre Mitgliedschaft schnell beendet werden würde. Das ist eine einschüchternde Aussicht in einer Organisation die sich, angesichts ihrer Isolation von Interventionen in den Klassenkampf, große Mühe gibt, für ihre Mitglieder eine alternative Welt darzustellen.

Die Erklärung der Better-Late-Than-Never Faction fordert diejenigen in der SL/IKL heraus, die wirklich eine Revolution führen wollen. Was die BLTN-­Genossen entdeckten, als sie sich durch eine Frage nach der anderen arbeiteten, ist, dass das Programm der IG/LVI ihnen in Grundzügen bereits vertraut war – es war das Programm des revolutionären Trotzkismus, das sie sich zu eigen gemacht hatten und für das sie zu kämpfen glaubten. Wie aus dem Bericht über die letzte Konferenz der Spartacist League/U.S. (veröffentlicht im Workers Vanguard vom 22. April) deutlich hervorgeht, ist die SL eine sterbende Partei: Jugendkommission „aufgelöst“, Labor Black Leagues „moribund“, WV soll „im Notfall“ auf acht Seiten beschränkt werden aufgrund eines „Mangels an Ressourcen“, usw. Die Verweise auf aufstrebende Jugendführer klingen hohl, wenn die Führung intern von einem Ältestenrat spricht, der vor politischen Schlenkern schützen soll (bisher ziemlich erfolglos).

Und wie sollen junge Aktivisten ein solides marxistisches Fundament in einer Organisation erlangen, die geplagt ist von Cliquismus innerhalb der Führung, die sich nicht orientieren kann, und die in jedem stürmischen Klassenkampf auf ein Riff auflaufen wird? Die SL-Konferenz jammerte darüber, dass „selbst diejenigen, die kämpfen wollen, wenig Hoffnung auf Veränderung haben, und kein Verständnis für die zentrale Rolle der Arbeiterklasse beim Überwinden des Kapitalismus besitzen“ und „noch weniger die Notwendigkeit einer proletarischen Avantgarde-Partei verstehen“ und kam zu dem Schluss, dass die zentrale Aufgabe der Organisation „darin besteht, die Kontinuität des revolutionären Marxismus von heute, d. h. des Trotzkismus, aufrechtzuerhalten“. Das ist ein bisschen viel verlangt von einer Tendenz, die hin und her schwankt über die Rolle des Stalinismus, die den Unterschied zwischen Todesschwadronen und Gewerkschaften nicht versteht, eine imperialistische „humanitäre“ Invasion nicht als solche erkennen kann, und die sich bewusst aus dem Klassenkampf zurückgezogen hat.

Es ist entscheidend zu verstehen, dass der Niedergang der SL/IKL eine direkte Folge ihrer politischen/programmatischen Degeneration ist. Die Verkündigung der vermeintlich qualitativen Degeneration des Bewusstseins der Arbeiter ist die Übernahme des bürgerlichen falschen Bewusstseins eines vermeintlichen „Tod des Kommunismus“ durch die SL/IKL, wie eine Rede des SL-Sprechers Joseph Seymour verdeutlicht („Kritische Anmerkungen zum ‚Tod des Kommunismus‘ und den ideologischen Bedingungen der nachsowjetischen Welt“, Spartakist, Juli 2011). Die IG/LVI lehnte diese „theoretische“ Rechtfertigung für das Desertieren aus dem Klassenkampf von Beginn an ab. Die Periode nach dem Sieg der konterrevolutionären Zerstörung der Sowjetunion und der osteuropäischen Arbeiterstaaten ist eine widersprüchliche, in der Arbeiter weiterhin weltweit, auch im Herzen des US-Imperialismus, mit Klassenkämpfen konfrontiert werden, in die Revolutionäre aktiv eingreifen müssen. Nur im Verlauf von Kämpfen können revolutionäre ­Kader geschmiedet werden, und nur durch den gemeinsamen Kampf mit den Arbeitern kann die revolutionäre Avantgarde ihre Fähigkeit demonstrieren, ihre Klasse zum Sieg zu führen.

Was die russische Frage betrifft, die den Kern der Erklärung der Better-­Late-Than-Never Faction bildet, so ist die Verteidigung der trotzkistischen Position gegen den wackligen neo-shachtmanistischen Revisionismus der IKL entscheidend für den Kampf gegen die Gefahr von Konterrevolution in China, Kuba und den anderen verbliebenen deformierten Arbeiterstaaten. Man beachte die Reaktion von SLern auf die ausgeschlossene Fraktion, als sie ihre Erklärung am 1. Mai in New York City verteilte, wo sie mit der IG/LVI demonstrierte. Die Fraktion konfrontierte junge SL-Mitglieder mit der Frage: „Wer führte die Konterrevolution in der DDR?“ Die Antworten waren widersprüchlich. Einer sagte, es sei „offensichtlich“ anhand empirischer Fakten, dass „die Stalinisten die Konterrevolution führten“, während ein anderer argumentierte, dass die falsche Linie, laut der die Stalinisten die Konterrevolution führten, vor langer Zeit „korrigiert“ worden sei. Eine zynischere IKL-Führerin aus Deutschland weigerte sich, die Frage „Wer führte die Konterrevolution?“ zu beantworten, und wechselte stattdessen bei jedem der drei Versuche, eine Antwort zu erhalten, das Thema.

Die Fraktion wies darauf hin, dass diese Koexistenz von entgegengesetzten Positionen innerhalb der IKL über den Charakter der stalinistischen Bürokratie das Ergebnis einer Pseudo-Korrektur von 2003 ist. In einem begleitenden Ablenkungsmanöver wurde jedwede Diskussion über diese Frage zum Teil eines „falschen Kampfes“ erklärt, was die Fraktionserklärung der BLTN als bewusste Täuschung entlarvt, um eine Neubewertung des Kampfes und der Ausschlüsse von 1995/96 zu verhindern, die einen Wendepunkt der post-sowjetischen IKL darstellten. Mit diesem Ausmaß an Verwirrung könnte die Spartacist-Tendenz heute niemals die (trotz all ihrer Unzulänglichkeiten) überaus wichtige Intervention angehen, die die IKL 1989-92 durchführte. Das allein ist schon ein Garant dafür, dass diese stark degenerierte Partei zukünftig keine siegreichen Kämpfe wird führen können.

Die SL/IKL ist tot als revolutionäre Kraft. Und je früher diejenigen, die für Revolution kämpfen wollen, das begreifen, desto früher werden sie in der Lage sein, selbst einen Beitrag zum Kampf für die Zukunft der Menschheit zu leisten. Viele haben sich jahrelang damit abgefunden, zurückhaltend zu kämpfen, in der Hoffnung mit strategisch geführten Ein-Punkt-­Auseinandersetzungen die IKL schrittweise zum Trotzkismus zurück zu reformieren. Einige haben demoralisiert realisiert, dass sogar die größte geistige Gymnastik mit diesem Ziel nur darauf hinaus läuft, mit Höchstgeschwindigkeit in einem Hamsterrad zu rennen. Der aktuelle Ausschluss der BLTN-Fraktion zeigt noch einmal die Entschlossenheit der Führung interne Oppositionelle in ihre Schranken zu verweisen – bleibt ruhig oder haut ab. Diejenigen, die die Vorstellung satt haben, nur durch interne Selbstzensur und endlosen cliquistischen Kannibalismus „erfolgreich“ sein zu können, und ihre Energie auf den tatsächlichen Aufbau einer revolutionären Partei verwenden wollen um in die reale Welt zu intervenieren, gehören nicht in die IKL, sie gehören in der LVI.

Im Sinne unserer gemeinsamen Perspektive der revolutionären Umgruppierung auf Grundlage von authentischem Trotzkismus, haben die BLTN-Fraktion und die Internationalist Group/Liga für die Vierte Internationale eine Vereinbarung über gemeinsame Arbeit verabschiedet, in der es auszugsweise heißt:

„Nach einigen Tagen der Diskussion und gemeinsamer Teilnahme an der 1.-Mai-Demonstration in New York City, einigen die IG/LVI und die Better-Late-Than-Never Faction sich hiermit auf die Durchführung gemeinsamer Arbeit mit dem Ziel einer baldigen Fusion unserer Kräfte auf der folgenden Grundlage:
– das Dokument der ersten nationalen Konferenz der Internationalist Group, ‚Der trotzkistische Kampf für internationale sozialistische Revolution‘ (April 2015);
– das Dokument ‚Internationale Perspektiven der Liga für die Vierte Internationale‘ (April 2015), insbesondere auch die Abschnitte, die die Politik des proletarischen Internationalismus in Bezug auf Syrien umreißen, und über diese Frage gegen die IKL polemisieren;
– die ‚Erklärung der Better-Late-­Than-Never Faction‘ (April 2016), die nochmal machtvoll den Kampf der IG/LVI bestätigt, in der Periode nach der konterrevolutionären Zerstörung der Sowjetunion (der Heimat der Oktoberrevolution, die wir bis zum Ende verteidigt haben, trotz und gegen die stalinistischen bürokratischen Verräter), bolschewistische Politik in Deutschland, Mexiko, Brasilien und anderswo hochzuhalten und in die Praxis umzusetzen.
Dass die Fraktion das trotzkistische Verständnis vom Stalinismus gegen den Zickzack-Revisionismus der IKL verteidigt, bestätigt das Programm das entscheidend ist für die proletarisch-politische Revolution, unabdingbar für die Verteidigung von China, Kuba und den anderen verbliebenen bürokratisch deformierten Arbeiterstaaten gegen Imperialismus und Konterrevolution.“

Unter anderem haben wir vereinbart, „gemeinsam weitere Möglichkeiten zu erkunden, Leute aus dem IKL-Milieu zum authentischen Trotzkismus zu gewinnen“.

James P. Cannon erklärte fraktionellen Kampf als „einen Teil des Aufbauprozesses der revolutionären Partei“, als eine notwendige „Prüfung der Führung“. Die revisionistische IKL-Führung befürchtet zu Recht, dass sie an dieser Prüfung scheitern könnte, und hat deshalb bürokratisch manövriert, um ganz drumherum zu kommen, indem sie die Better-Late-Than-Never Faction unverzüglich ausschloss. Die Führung konnte sich vorerst eine Gnadenfrist sichern, jedoch zu dem Preis, sich unverhohlen als eine erdrosselte Partei zu erkennen zu geben, genau so wie die degenerierte amerikanische SWP. Die Revolutionary Tendency (Vorläuferin der Spartacist League) hatte zurecht diese Degeneration bekämpft, auch wenn es zu ihrem Ausschluss führte und bedeutete, dass sie nochmal von vorn beginnen und von Null eine neue Partei aufbauen mussten. Alle in der und um die IKL, die nicht zu zynisch sind, um ihre Augen zu öffnen, sollten den Schlachtruf der BLTN-Fraktion beherzigen und sich dem Kampf für echten Trotzkismus anschließen: Besser spät als nie! ■