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  Oktober 2019

Mobilisiert die Macht der Arbeiter, um den faschistischen/antisemitischen Terror zu stoppen!

Halle war versuchter faschistischer Massenmord

Die Ziele: Juden, Muslime, Linke und Frauen


Internationalistische Gruppe bei #unteilbar-Kundgebung in Berlin, am 13. Oktober. (Foto: Permanente Revolution)

13. OKTOBER – Am 9. Oktober versammelten sich Dutzende von Menschen in einer Synagoge in Halle (Sachsen-Anhalt), um den jüdischen Feiertag Jom Kippur zu feiern, und entgingen knapp einem Massaker durch einen antisemitischen Angriff eines faschistischen Amokschützen. Aufgrund gepanzerter Türen konnte er nicht in die Synagoge eindringen, und seine selbsthergestellten Waffen erwiesen sich als unzuverlässig. Aber er schaffte es, eine Frau, die zufällig vorbeikam, totzuschießen, und ging dann zu einem Döner-Imbiss, wo er einen männlichen Kunden erschoss. Zuvor hatte er vergeblich versucht, den Laden in die Luft zu sprengen. Nachdem er auf seiner Flucht zwei weitere Menschen verletzt hatte, wurde er schließlich verhaftet.

Dies war die jüngste in einer Reihe von Gräueltaten, die weltweit eine blutige Spur hinterlassen haben und die alle dem gleichen Muster folgten: im August der willkürliche Terroranschlag auf Latinos in El Paso, Texas, im März die Schüsse auf die Moschee von Christchurch in Neuseeland, im Oktober 2018 die Morde an der Tree of Life Synagoge in Pittsburgh, Pennsylvania. Letztlich gehen sie alle mindestens bis auf das Massaker in Norwegen im Juli 2011 zurück. Der Angriff von Halle wurde live übertragen: Jedes Mal haben die Täter Manifeste oder Erklärungen abgegeben, die ihre abscheulichen Handlungen motivierten.

In diesem Fall schwor der Möchtegern-Massenmörder, „so viele Anti-Weiße wie möglich zu töten, vorzugsweise Juden“. Laut seinem Manifest hatte er ursprünglich erwogen, eine Moschee oder einen „Antifa“-Treffpunkt ins Visier zu nehmen, entschied aber schließlich, dass der Anschlag auf eine Synagoge zu Jom Kippur ein Maximum an potenziellen Opfern bringen würde. Er beschuldigte nicht nur „die Juden“ für die Masseneinwanderung (von Muslimen), sondern auch für den „Feminismus“, den er wiederum beschuldigte, die (weiße) Geburtenrate zu verringern.

Obwohl die Polizei schnell erklärte, dass der Mörder allein gehandelt habe, wurde der Fall rasch an den Generalbundesanwalt weitergeleitet, da die Morde „staatsgefährdend“ seien. Die Polizei von Sachsen-Anhalt schien vor allem daran interessiert zu sein, ihre Abwesenheit von der Synagoge zu rechtfertigen. Sie war abwesend gewesen, obwohl die jüdische Gemeinde deren Anwesenheit während der Festtage beantragt hatte.

Seit den Morden haben die Medien den Angriff ausschließlich als „antisemitisch“ bezeichnet, was er sicherlich war, während sie aber die umfangreiche Feindliste des Mörders ignoriert haben. Keines der beiden Opfer war jüdisch; es waren Menschen, die zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort sich befanden. Der Mörder kündigte seinen Angriff auf den Döner-Imbiss mit einer einwanderungsfeindlichen Verunglimpfung an. So wie die erste getötete Person Opfer des antisemitischen Terrors war, so war die zweite Opfer des immigrantenfeindlichen Rassismus des Allround-Faschisten.

Unter dem Vorwand, sich dem Antisemitismus zu widersetzen, kündigte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Haseloff, an, dass er den israelischen Botschafter konsultieren werde, da die Israelis „Erfahrungen mit radikalisierten einzelnen Tätern“ hätten. Dies findet vor dem Hintergrund statt, dass die israelische Boykottbewegung „BDS“ im Mai von der Bundestagsmehrheit als antisemitisch deklariert wurde – eine Einladung zu einer weiteren Hexenjagd, bei der Antizionismus und Antisemitismus gleichgesetzt werden.

Heutzutage wird in Deutschland jede Kritik an der kriminellen Unterdrückung der Palästinenser durch den zionistischen Staat als „Judenhass“ bezeichnet, wobei der rechtsgerichtete israelische Ministerpräsident Netanyahu und seine Botschafter als Schiedsrichter dafür fungieren, wer und was „antisemitisch“ ist. Dies erreichte im vergangenen Juni den Punkt, dass der Direktor des Jüdischen Museums Berlin vom israelischen Botschafter angeprangert und zum Rücktritt gezwungen wurde, weil er einen Artikel über eine von 240 jüdischen und israelischen Wissenschaftlern unterzeichnete Petition getwittert hatte, die gegen den Hexenjagdantrag des Parlaments gegen die BDS gerichtet war.

Das rassistische Geschwätz über eine vermeintliche „Auswechslung“ der Europäer durch nicht-weiße Einwanderer, für den „die Juden“ (insbesondere George Soros) verantwortlich gemacht werden, hat sich längst in „respektable“ konservative Kreise ausgebreitet. Und der Aufschwung der wirklich antisemitischen Vorfälle auf den Straßen sowie die Aktionen „einsamer Wölfe“ werden von rassistischer Propaganda, einschließlich der den Faschisten und den Konservativen gemeinsamen Tropen beflügelt, welche von Teilen der „Mainstream“-Medien propagiert werden.

Die Wahlerfolge der faschistoiden Alternative für Deutschland (AfD) bieten politischen Schutz für ausgewachsene immigrantenfeindliche Pogrome wie das im vergangenen Jahr in Chemnitz, zu dem auch ein Angriff auf ein jüdisches Restaurant gehörte. Diesmal ist Deutschland nur knapp einem Gemetzel entgangen ist, das mehr Opfer hätte fordern können als der faschistische Bombenanschlag in München 1980, während der faschistische Terror mit der Ermordung des christdemokratischen Politikers Walter Lübcke eine neue Qualität angenommen hat.

Die Morde in Halle wurden natürlich von Bundesinnenminister Martin Seehofer genutzt, um wieder einmal mehr Polizei und mehr Milliarden zu fordern, um diese Polizisten zu bezahlen und auszurüsten. Aber angesichts der anhaltenden Skandale über faschistische Nester in Armee und Polizei (NSU 2.0) und der endlosen Beispiele für absichtliche Blindheit, die der Staat an den Tag legt gegenüber faschistischen Aktivitäten, ist es selbstmörderisch, denselben bürgerlichen Staat zum Schutz vor den Faschisten aufzurufen. Doch die reformistische Linke sieht keine anderen Mittel, als vergeblich „Staat, greif zu!“ zu rufen, so wie es die Sozialdemokraten bis 1933 taten.

Der Aufschwung reaktionärer, einwanderungsfeindlicher „populistischer“, gewalttätiger rassistischer und geradezu faschistischer Bewegungen und Angriffe ist ein internationales Phänomen. Es ist ein Nebenprodukt der andauernden kapitalistischen Wirtschaftskrise, der Depression, die 2007-08 begann und deren Auswirkungen bis heute anhalten, darunter Massenarbeitslosigkeit, stagnierende und sinkende Löhne sowie die Zerstörung öffentlicher Dienstleistungen und Sozialprogramme. Während ihre industrielle Exporttätigkeit einknickt, ist die deutsche Bourgeoisie entschlossen, die Arbeiterklasse die Last der Krise tragen zu lassen. Zynisch wird die Hysterie über „Verbrechen“ angeheizt, um die Stärkung des Repressionsapparats zu rechtfertigen. Daher die Konvergenz der bürgerlichen „Parteien der Mitte“ mit dem Programm der AfD.

Die massive Befestigung jeder Synagoge in Deutschland – und übrigens jeder Moschee – ist kaum eine dauerhafte Lösung. Die Faschisten müssen besiegt werden. Dies ist ein politischer Kampf, der mit der Erkenntnis beginnt, dass ein Angriff auf einen ein Angriff auf alle ist – ob Jude oder Muslim. Die Demonstration #unteilbar am 13. Oktober in Berlin gegen den antisemitischen Angriff in Halle rief auf „KeinFussbreit! Antisemitismus und Rassismus töten“. Was bedeutet das genau? Solche „gemeinsamen Ausdruck“ von „Trauer, Wut und Anteilnahme“ werden die Faschisten nicht aufhalten.

Sie werden auch nicht dadurch aufgehalten, dass die Faschisten als bloß „Rechte“ abgestempelt werden, als ein weiteres Bespiel vom „Rechtsruck“, wie es die opportunistische Linke tut, indem sie versucht, mit Sozialdemokraten und bürgerlichen Liberalen eine Volksfront zu bilden. Angesichts der Notwendigkeit der Solidarität unter allen Angriffszielen der rassistischen Reaktion hätte es am vergangenen 22. September in Berlin eine massive Gegenmobilisierung der Arbeiterklasse gegen die „Recht-auf-Leben“-Bande geben müssen, ebenso wie es sie geben sollte gegen die faschistischen Provokationen, die für den 9. November, den Jahrestag der antijüdischen Reichspogromnacht von 1938, angekündigt worden sind.

Die multiethnische Arbeiterklasse in Deutschland wird zunehmend geschwächt, aber ihre Macht bleibt intakt. Die Hauptsache ist die Führung. Wir brauchen eine massenhafte Mobilisierung der Arbeitermacht, um die Faschisten, ihre uniformierten Beschützer und ihre kapitalistischen Hintermäanner zu bezwingen, als Teil eines Kampfes für den Aufbau einer Arbeiterpartei, die für die internationale sozialistische Revolution kämpft, um die blutige Herrschaft des Kapitals zu stürzen und ihre Machthaber hinweg zu fegen.  ■