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  19. Februar 1999


Erklärung der Liga für die IV. Internationale

Für eine Sozialistische Republik Vereinigtes Kurdistan!

Sofortige Freilassung von Abdullah Öcalan! 
Nieder mit dem Verbot der PKK! 
Freiheit für die kurdische Demonstranten – 
stoppt die Abschiebungen!


 Kurdische Demonstranten kämpfen gegen Polizeiangriff bei der  
 Residenz des griechischen Botschafters in Den Haag. (Foto BBC) 

Die imperialistisch-organisierte Entführung von Abdullah Öcalan, Führer der kurdisch-nationalistischen PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) hat jetzt neue Opfer gefordert. Öcalan ist auf einer Gefängnisinsel festgehalten, und ihm droht die Todesstrafe durch die Hände der Schlächter des türkischen Militärs, die Zehntausende von Kurden niedergemetzelt haben und ihr Land verwüstet haben. Gleichzeitig werden Hunderte von kurdischen Demonstranten in Deutschland verhaftet und kaltblütig niedergeschossen.

Am 17. Februar haben Wächter im israelischen Konsulat in Berlin das Feuer eröffnet gegen kurdische Demonstranten, drei wurden getötet und dutzende von anderen verwundet. Es gab eine zehn Meter lange Blutlache vor dem Gebäude. Die zionistischen Staatsterroristen haben wahllos auf die Demonstranten geschossen, als hätten sie mit palästinensischen Demonstranten in den besetzten Gebieten zu tun. Der deutsche Innenminister Otto Schily, der Noske der SPD/Grüne-Regierung, erklärte, die toten Kurden seien selbst schuld. Bundeskanzler Gerhard Schröder erklärte die kurdischen Demonstranten zu „Gegnern“.

Kurdische Demonstranten sind jetzt bedroht mit Abschiebung in die Folterkammern der Türkei. Weg mit den rassistischen Abschiebungen! Die Arbeiterbewegung muß für volle Staatsbürgerrechte für Immigranten und ihre Familien kämpfen. Die Dringlichkeit dieser Forderung wird unterstrichen durch die greifbare Möglichkeit eines Streiks in der Metallindustrie, wo eingewanderte Arbeiter eine Schlüsselrolle spielen.

Gleichzeitig startet die SPD/Grüne Regierung des deutschen Imperialismus durch, bei einer Militär-besetzung Kosovos durch die NATO mitzumachen. Es gibt schon mehrere Tausende Bundeswehrsoldaten in Bosnien, und die Völker Jugoslawiens besitzen noch lebhafte Erinnerungen an die Zerstörung, die die Besetzung durch die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg bewirkt hat. Jeder klassenbewußte Arbeiter muß fordern: BRD/USA/UNO/NATO raus aus dem Balkan!

Nachdem Öcalan aus der griechischen Botschaft in Nairobi, Kenia entführt worden war, richtete sich die kurdi-sche Wut hauptsächlich gegen griechische und kenianische Konsulate und Botschaften in Europa. Wir wissen nicht, und können jetzt nicht wissen, was genau passiert ist, aber diese verächtliche Tat weist auf  einen Einsatz der CIA und des Mossad hin. Der US-Imperialismus hat Öcalan zum internationalen „Staatsfeind Nr. 1“ erklärt, und die Zusammenarbeit zwischen israelischen und türkischen Militärs ist wohlbekannt. Der gutinformierte Journalist William Safire berichtete vor zwei Wochen, daß Israel Washington überredet hat, die Türkei mit Apache-Hubschraubern zu beliefern, die gegen die PKK benutzt werden sollen, und: „inzwischen helfen amerikanische und israelische Geheimdienstoffiziere und Diplomaten den Türken, den meistgesuchten Kurden, Öcalan, dingfest zu machen“.

Während sie verordnet, daß kurdische Proteste keinen Platz auf „deutschem Boden“ finden sollen, hat die SPD/Grüne-Regierung ihre Kontinuität mit dem Kohl-Regime unterstrichen, indem sie das Verbot sowohl der PKK und verschiedener kurdischer Kulturvereine als auch linker türkischer Organisationen wie Devrimci Sol aufrecht erhält. Während die Bullen gegen PKK-Unterstützer auszogen in einem Dutzend deutscher Städte mit Schlagstöcken und Wasserkanonen, führt das türkische Militär sein völkermörderisches Gemetzel in Kurdistan fort mit Hubschraubern und Panzern, die der deutsche Imperialismus zu Verfügung stellt. 

Die türkische Weigerung, internationale Beobachter und die Anwälte von Öcalan ins Land zu lassen macht das Geschwätz von Schröder, Schily und Grünen-Außenminister Fischer über einen „fairen Prozeß“ lächerlich. Ihre Mitschuld an der internationalen Jagd auf Öcalan versucht die Schröder-Regierung nun durch eine heuchlerische Selbstpositionierung als „Nichtbeteiligte“ zu verwischen. Weg mit dem Verbot der PKK und allen anderen kurdischen nationalistische Organisationen! Weg mit dem Verbot von Devrimci Sol!

Die kurdischen Proteste kommen, während rassistische Hysterie über die „doppelte Staatsbürgerschaft “ für Immigranten in Deutschland sogar das zynische Beruhigungsmittel des SPD/Grüne Gesetzentwurfs in Frage stellen. Dieser bietet nur Krümel für eine kleine Minderheit von langjährig Ansässigen unter der Voraussetzung, daß rassistischer Terror an der Grenze fortgeführt wird. Nach ihrer Wahlniederlage in Hessen macht die Schröder-Regierung jetzt ein Rückzieher (mit Unterstützung der PDS). Gleichzeitig gibt es einen neuen Ausbruch mörderischer faschistischer Gewalt, als ein algerianische Flüchtling in Guben an der polnischen Grenze zur Tode gehetzt wurde.

Die bürgerlichen Medien schimpfen auf kurdische „Terroristen“ auf deutschen Straßen. Die Springer-Presse (Die Welt) beklagt, daß es die Israelis waren, die abgedrückt haben – sie wünscht, daß es deutsche Polizei wäre, die ein Blutbad auf deutschem Boden anrichtet. Doch die kurdischen Demonstranten waren unbewaffnet und hatten Kinder dabei. Die Besetzungen von Botschaften (und mehrere Fälle von Selbstverbrennung) waren Verzwei-flungstaten eines brutal unterdrückten Völkes. Sie wurden mit mörderischer staatlicher Repression beantwortet.

Inzwischen beeilt sich die reformistische Linke, Schröder und Fischer zu unterstützen. In einem Versuch, ihre Zuverlässigkeit als „Partner“ in der Verwaltung des bürgerlichen Staates zu beweisen, erklärte die Spitze der PDS-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern, diese ministeriellen Sozialdemokraten hätten „kein Verständnis“ für kurdische Protesten, die sie als gewalttätig beschrieb.

Obwohl revolutionäre Marxisten zur Befreiung von Abdullah Öcalan aufrufen und auf der Seite der PKK in ihren militärischen Kämpfen gegen den türkischen Staat stehen, sind sie unversöhnliche politische Gegner des bürgerlichen Nationalismus der PKK. Es ist dringend notwendig, für die Einheit von kurdischen, türkischen und deutschen Arbeitern im gemeinsamen Klassenkampf einzutreten. Der Ausbruch von Angriffen auf türkische Imbißbüden, Restaurants und Kulturvereine ist nicht zu verteidigen. Er untergräbt diese Perspektive, in dem er alle Türken – statt den blut-getränkten türkischen kapitalistischen Staat – wahllos zur Zielscheibe macht.

Nachdem die imperialistischen Bourgeoisien die Lüge vom „Tod des Kommunismus“  verbreitet haben, liquidierte Öcalan die linke Rhetorik der PKK und suchte verzweifelt nach einem imperialistischen Paten als Garant einer Schein-„Autonomie“ für die Kurden in der Türkei. In Deutschland nahm dies sogar Gestalt an in Form einer Anbiederung an den unheilvollen reaktionären CDU-Politiker Lummer. Aber Öcalan wurde für all dies nicht mit dem Status eines Arafat oder Mandela belohnt. Stattdessen wurde er in die Hände seiner Verfolger ausgeliefert.

Die bürgerlichen Medien in Deutschland machen sich Sorgen, daß das „kurdische Problem“ trotz der ersehnten Enthauptung der PKK ungelöst bleibt. Es ist wahr, daß es keinen Frieden in Kurdistan geben wird. Das de facto US-Protektorat in Nord-Irak ist eine Sackgasse für die kurdischen Massen, während sich die Nationalisten der PUK und KDP über ihre Beute aus der prekären Kontrolle dieser Zone zanken. Was den US-Imperialismus betrifft, er will die türkische Regierung an seiner Seite gegen Saddam Hussein haben. Er steigert seine Bombenangriffe als Teil einer Kampagne, eine gefügige neokolonialistische Regierung im Irak zu installieren. US/UNO/NATO Hände weg von Irak! Brecht das Hungerembargo!

Für eine Sozialistische Republik Vereinigtes Kurdistan! Dies ist die einzige Antwort auf die Zerstückelung der kurdischen Nation durch die bürgerlichen Regierungen des Nahen Ostens, und diese steht im direkten Widerspruch zu den Interessen aller imperialistischen Mächte, die Region zu „stabilisieren“. Doch die Regierungen von Instanbul bis Tel Aviv und Teheran zeigen wachsende Krisenerscheinungen. Das trotzkistische Programm des revolutionären internationalistischen Klassenkampfes kann die türkischen und kurdischen arbeitenden Massen, die hebräisch-sprechenden und arabischen Arbeiter und das multinationale Proletariat Irans vereinigen in einem Kampf für die sozialistische Revolution, gegen den Imperialismus. Für eine sozialistische Föderation des Nahen Ostens! 

Die kapitalistische „neue Weltordnung“ bedeutet massive Angriffe gegen die Arbeiterklasse, rassistischen Terror, und wachsende imperiali-stische Konkurrenz, während die Unterdrückung der arbeitenden Massen in den semikolonialen Ländern verschärft wird. Es ist notwendig, für sozialistische Revolution  international zu kämpfen, vom Nahen Osten bis zu den imperialistischen Hochburgen Europas. Die Liga für die Vierte Internationale widmet sich dem Ziel, eine revolutionäre Partei des internationalen Proletariats zu schmieden, um diese Aufgabe durchzuführen.