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Oktober 2023

Zionistische Rache nachdem Hamas-Offensive
Israel bis ins Mark erschüttert

Verteidigt die Palästinenser
gegen den völkermörderischen
Krieg von USA/Israel gegen Gaza!


Die umfassende Zerstörung des Gazastreifens durch die Zionisten hat begonnen. Anstatt wie 2021 und 2014 einzelne Gebäude zu treffen, macht die israelische Luftwaffe jetzt ganze Stadtteile dem Erdboden gleich, ohne irgendwelche Warnung an die Bewohner. Oben: Palästinenser begutachten das Ausmaß der Schäden im Stadtteil Al-Rimal in Gaza, 9. Oktober.  (Foto: Samar Abu Elouf für The New York Times)

Vertreibt die Zionisten aus dem Westjordanland und Gaza!

Für internationale Arbeiteraktionen gegen den Angriff auf Gaza

Für einen arabisch-hebräischen Arbeiterstaat Palästina
in einer sozialistischen Föderation des Nahen Ostens

10. OKTOBER – In den frühen Morgenstunden des Samstags, den 7. Oktober, führte die Islamische Widerstandsbewegung (Hamas) in Gaza einen eindrucksvollen Überraschungsangriff auf Israel durch, den zionistischen Staat, der Millionen palästinensischer Araber aus ihrer Heimat vertrieben hat und Millionen weitere in Gaza, dem besetzten Westjordanland und innerhalb Israels unterdrückt. Berichten zufolge wurden über 5.000 Raketen abgefeuert, die bis nach Tel Aviv reichten und Israels gepriesenen Raketenschutzschild Iron Dome überwältigten. Die massive, 9 Meter hohe und 65 Kilometer lange Grenzmauer, die den Gaza-Streifen vollständig umgibt, wurde an zahlreichen Stellen durchbrochen, und Hamas-Kämpfer strömten heraus und überrannten zwei Dutzend israelische Gemeinden. Zu diesem Zeitpunkt (10. Oktober) meldet das israelische Militär über 900 tote Israelis, während die palästinensischen medizinischen Behörden von fast 800 getöteten Palästinensern berichten, die meisten davon durch Luftangriffe der Israelis im dicht besiedelten Gaza. Darüber hinaus gibt es Tausende von Verletzten auf beiden Seiten.

Die noch nie erreichte Anzahl getöteter Israelis hat die jüdische Bevölkerung zutiefst erschüttert. Die zionistischen Medien sprechen vom „katastrophalen Scheitern“ der israelischen Kräfte (Haaretz), während arabische Publikationen den „entscheidenden Schlag“ von Hamas bejubeln und mit „Von der Empörung zum Jubel“ (Al Mayadeen) titeln. Westliche Medien und Politiker denunzieren pro-palästinensische Demonstranten als „Apologeten des Terrorismus“. Zum ersten Mal in mehr als einem halben Jahrhundert der Zusammenstöße wurden mehr Israelis als Palästinenser getötet. (Normalerweise kommen auf jeden toten Israeli mehr als 20 tote Palästinenser.1) Israels Militär ist dabei, dies schnell zu ändern und hat bereits damit begonnen, das riesige Konzentrationslager Gaza wieder in ein Killing Field, ein Tötungsgelände von Palästinensern zu verwandeln. Mehr als 1.200 Wohneinheiten in Gaza wurden bereits zerstört, und wie Israels rechter Premierminister Benjamin Netanjahu schwor, ist der blutige Angriff auf Gaza „nur der Anfang“. Was Israels Paten in Washington betrifft, die sich als Verfechter der „Menschenrechte“ ausgeben, so sind sie allein seit 2001 für den Tod von fast einer Million Menschen in den imperialistischen Kriegen der USA verantwortlich.2


Innerhalb weniger Minuten durchbrachen Hamas-Kämpfer mit einfachen Erdbewegungsmaschinen den Grenzzaun, dessen Bau Israel Milliarden gekostet hat und der über Jahre hinweg errichtet wurde. Der verhasste Zaun hielt die Palästinenser jahrzehntelang in einem Konzentrationslager im Stil der Nazis gefangen, dem „größten Gefängnis der Welt“, das sie nicht verlassen können, und in dem sie von ihren israelischen (und ägyptischen) Gefängniswärtern bezüglich Nahrung, Brennstoff, Wasser und Strom abhängig sind.  (Foto: Mohammed Fayq Abu Mostafa / Reuters)

Derzeit führen die Vereinigten Staaten unter dem demokratischen Präsidenten Joe Biden einen blutigen Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine unter der Devise „so lange wie nötig“ – was bedeutet, dass man bis zum letzten Ukrainer kämpfen will. Aber das und frühere Streitigkeiten mit Netanjahu haben Washington nicht daran gehindert, im Gleichschritt mit dem ausdauernden (seit fast 17 Jahren mit Unterbrechungen amtierenden) zionistischen Hardliner und israelischen Anführer zu marschieren, der sich anschickt, Gaza platt zu machen. Israel hat um mehr präzisionsgelenkte Munition aus den USA gebeten, und das Pentagon hat zugesagt, diese zu liefern. (Das Pentagon hat 155-mm-Artilleriegranaten aus seinen Beständen in Israel an die Ukraine geschickt, aber jetzt verlangt Israels Militär die Waffen, da es sich darauf vorbereitet, Gaza zu besetzen). In der Zwischenzeit läuft Bidens Schwur – und das fast aller anderen imperialistischen Führer -, dass „Israel das Recht hat, sich selbst zu verteidigen“, darauf hinaus, dem zionistischen Staat eine „Lizenz zum Töten“ der Palästinenser zu geben. Dies ist nun ein Krieg Israels und der USA gegen Gaza.

Jeder echte Schlag gegen den zionistischen Staat durch palästinensische Kräfte, selbst durch reaktionäre Islamisten, ist im Interesse der Arbeiter und Unterdrückten der Welt. Doch neben dem Schlag gegen das israelische Militär führten die Hamas-Kämpfer einen unterschiedslosen Terroranschlag durch, bei dem einige Hundert israelische Partygänger, Bewohner von Kibbuz-Gemeinden und Anwohner von Städten im Süden getötet wurden. Dies ist nicht ein Schlag gegen die zionistische Besatzungsmaschine, sondern ein wahlloser Angriff auf Israelis, der die Verteidigung des palästinensischen Volkes untergräbt. Ein solcher Dschihad (heiliger Krieg) ist die Methode rechter Nationalisten und religiöser Eiferer, wie der Islamisten von Hamas ... und der zionistischen Militaristen aller politischen Richtungen. Jetzt tut die fälschlicherweise als Israel Defense Force (IDF) bezeichnete Truppe dasselbe in weitaus größerem Maßstab, nämlich gegen die gesamte Bevölkerung von Gaza. Die Zahl der Opfer wird bald die Hunderte von Palästinensern übertreffen, die die IDF bei ihrem Angriff auf Gaza im Jahr 2021 ermordet hat.

In fast allen imperialistischen Ländern gibt es jetzt Bestrebungen, jegliche Unterstützung für die Palästinenser zu unterdrücken und ein zionistisches Monopol auf den politischen Raum durchzusetzen. In Deutschland wurden pro-palästinensische Proteste in Berlin verboten. In Frankreich wurden in Paris, Lyon und Marseille geplante pro-palästinensische Demonstrationen ebenfalls verboten, mit der verlogenen Begründung, sie würden „zum Rassenhass anstiften“. Gleichfalls hat der Justizminister ein Ermittlungsverfahren gegen die linke Nouveau Parti Anticapitaliste (NPA) eingeleitet und eine „rasche und entschlossene strafrechtliche Antwort“ auf jegliche Unterstützung für Palästina gefordert, da dies mit Antisemitismus gleichzusetzen sei. In Italien hat der Bildungsminister Inspektoren entsandt, um die Mailänder Schülerkollektive, die sich für die Palästinenser ausgesprochen haben, zu ermitteln und möglicherweise zu verhaften. Es ist notwendig, diese Verbote und Drohungen anzuprangern und sich ihnen zu widersetzen, und die Proteste gegen den imperialistischen NATO-Krieg in der Ukraine mit der Verteidigung des palästinensischen Volkes zu verbinden. Dazu könnten Arbeiteraktionen gegen die Waffenlieferungen an Israel und die Ukraine gehören.

In den USA heizt die Demokratische Partei eine pro-zionistische Hysterie an. Die New Yorker Gouverneurin Kathy Hochhul ging auf den Kriegspfad gegen die New York City Democratic Socialists of America (DSA), wegen ihrer Unterstützung für eine pro-palästinensische Demonstration am 8. Oktober, was sie als „widerwärtig“ bezeichnete. Sie macht damit jeden zur Zielscheibe, der es wagt, sich für die Verteidigung eines belagerten Volkes einzusetzen. Was wirklich abscheulich ist, ist die Unterstützung von Demokraten und Republikanern für die zionistische Mordmaschine. Hochhul wurde dabei vom Bürgermeister von New York City, dem Ex-Polizisten Eric Adams, unterstützt, der kürzlich von einer politischen Werbungsreise nach Israel zurückkehrte, wo er derzeit eine Delegation von NYPD-Polizisten zur „Ausbildung“ hat. Gleichzeitig „untersuchen“ mehrere Universitäten Studenten und Studentengruppen, die sich für die Rechte von Palästinensern eingesetzt haben. Es ist notwendig, dieser neuen McCarthyschen Hexenjagd frontal entgegenzutreten.

Doch die DSA-Demokraten im Kongress schlossen sich Bidens Schmähungen an. Ihr Star, die Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, gab am 9. Oktober eine Erklärung ab: „Ich verurteile den Angriff von Hamas auf das Schärfste.“ Während sie fromm zu „sofortiger Waffenruhe und Deeskalation“ aufrief, enthielt ihre Erklärung kein Wort der Kritik an Israel oder der Verteidigung der Palästinenser. Ein anderes Mitglied der AOC-„Truppe“, Jamaal Bowman, gab eine ähnliche Erklärung ab.3 Jetzt (10. Oktober) rückt die NYC DSA von ihrer früheren Haltung ab und sagt, es tue ihr „leid für die Verwirrung, die unser Beitrag verursacht hat“. Alle DSA-Mitglieder sind als Anhänger dieser pro-imperialistischen Organisation mitschuldig an der schändlichen Kapitulation vor den zionistischen und imperialistischen Zensoren. Die Abgeordnete Rashida Tlaib, eine palästinensische Amerikanerin, rief zumindest dazu auf, die Blockade aufzuheben, die Besatzung zu beenden und das erstickende System, das Widerstand produziert, zu zerschlagen.

Biden erklärte heute im Weißen Haus: „In diesem Moment müssen wir kristallklar sein: Wir stehen an der Seite Israels“, und fügte hinzu, dass „wir dafür sorgen werden, dass Israel alles hat, was es braucht“, um Gaza anzugreifen. In diesem Moment, in dem die imperialistischen Kriegstreiber darauf bestehen, dass es darum geht, „auf welcher Seite ihr steht“, sind wir ebenso klar: Während Israel von den USA gelieferte Bomben auf Moscheen, Schulen und Krankenhäuser abwirft und Gläubige, Schulkinder und Patienten ermordet, müssen alle Gegner von Imperialismus und Zionismus an der Seite des palästinensischen Volkes stehen, das von Anfang an von Israel unterdrückt wurde und nun einem völkermörderischen Angriff ausgesetzt ist.

Die Internationalist Group, die US-Sektion der Liga für die Vierte Internationale, hat sich an den jüngsten pro-palästinensischen Protesten mit Plakaten beteiligt, die dazu aufriefen, „Verteidigt Gaza, zerschlagt den Israel/US-Krieg gegen die Palästinenser!“ und „Verteidigt das Recht der Palästinenser auf Rückkehr!“ Wir riefen „Für Arbeiteraktionen gegen den zionistischen Terror“ und erklärten: „Verteidigt Gaza, das neue Warschauer Ghetto! Vertreibt die zionistischen Besatzer aus dem Westjordanland!“ Unsere Plakate rufen dazu auf, die Kriegstreiberei der USA und der NATO gegen Russland und China zu besiegen, volle Staatsbürgerrechte für alle Immigranten zu fordern, mit den Demokraten zu brechen und eine revolutionäre Arbeiterpartei aufzubauen und für einen arabisch/hebräischen Arbeiterstaat Palästina in einer sozialistischen Föderation des Nahen Ostens zu kämpfen.

Bittere Früchte der jahrzehntelangen blutigen zionistischen Besatzung


Israelische Panzer bereiten sich auf eine Bodeninvasion in Gaza vor, die nur ein völkermörderisches Abschlachten der Palästinenser zur Folge haben kann. Treibt die Zionisten raus aus dem Gazastreifen und dem besetzten Westjordanland!  (Foto: Ohad Zwigenberg / AP)

Die mutige israelische Journalistin Amira Hass, die seit Jahrzehnten aus Gaza und dem besetzten Westjordanland berichtet und dort lebt, schrieb in der liberalen zionistischen Tageszeitung Haaretz (10. Oktober):

„In wenigen Tagen erlebten die Israelis das, was die Palästinenser seit Jahrzehnten routinemäßig erleben und immer noch erleben – militärische Übergriffe, Tod, Grausamkeit, getötete Kinder, auf der Straße aufgetürmte Leichen, Belagerung, Angst, Sorge um geliebte Menschen, Gefangenschaft, Ziel von Rache sein, wahlloses tödliches Feuer sowohl auf die an den Kämpfen Beteiligten (Soldaten) als auch auf die Unbeteiligten (Zivilisten), eine Position der Unterlegenheit, die Zerstörung von Gebäuden, ruinierte Feiertage oder Feste, Schwäche und Hilflosigkeit angesichts allmächtiger bewaffneter Männer und eine tiefe Demütigung.“

Die Hamas-Operation zu Luft, zu Lande und zur See – der Einsatz von Bulldozern, um die massiven Befestigungsanlagen zu durchbrechen, für deren Bau Israel Milliarden ausgegeben hat und die die Gaza-Bewohner seit Jahrzehnten in ihrem unfruchtbaren Landstreifen gefangen halten; der Sprung über die Mauer mit improvisierten Gleitschirmen; das Ausschalten der militärischen Kommunikation, die Eroberung eines Armeestützpunkts der Israelis, die Ausschaltung von israelischen Panzern mit Drohnen – löste in weiten Teilen der arabischen Welt Jubel und in der zionistischen Regierung Entsetzen aus. Deren Sicherheitsapparat ahnte offenbar nichts von der ausgeklügelten Operation, an der Hunderte von Menschen in monatelanger Vorbereitung beteiligt gewesen sein müssten. Israels gepriesener Spionagedienst Mossad, dessen tödliche Betrügereien zu einer festen Größe in Hollywood-Thrillern geworden sind, wurde kalt erwischt. Die arroganten israelischen Führer, die sich daran erfreuen, die Palästinenser zu unterjochen, mussten einen Schlag einstecken.

Der israelische Kriegsminister Yoav Gallant ordnet eine rassistische, völkermörderische Belagerung des Gazastreifens an. (Foto: Middle East Observer / X)

Die Anführer der Zionisten sind nun auf blutige Rache aus. Der israelische Verteidigungsminister, Yoav Gallant, erklärte am Dienstag (9. Oktober): „Wir verhängen eine vollständige Belagerung über Gaza. Es wird keinen Strom, keine Lebensmittel, kein Wasser und keinen Treibstoff geben. Alles wird geschlossen sein. Wir kämpfen gegen menschliche Tiere. Wir handeln entsprechend.“ Diese abscheuliche Absichtserklärung, einen Völkermord zu begehen, stammt von einem der „gemäßigteren“ Elemente der rechtsextremen Regierung,  einer der sich Netanjahus Justizreform widersetzte, gegen die Hunderttausende von liberalen Zionisten seit Monaten mobilisiert haben. Netanjahu selbst sagte, dass das, was die israelische Regierung mit Gaza vorhabe, „für Generationen unter ihnen nachhallen werde“. Diese Worte werden von US-Präsident Biden aufgegriffen, der den Angriff von Hamas heute als „reines, unverfälschtes Übel“ bezeichnete. Das wäre eine bessere Beschreibung für die mörderischen Kriege des US-Imperialismus in Afghanistan, Irak, Syrien und jetzt in der Ukraine.

Seit 16 Jahren, seit der Übernahme des Gaza-Streifens durch Hamas im Jahr 2007, sind mehr als 2 Millionen Menschen im winzigen Gebiet eingepfercht, der kleiner ist als der New Yorker Stadtbezirk Queens, und können dieses größte Gefängnis der Welt nicht verlassen. Die von Israel und Ägypten beherrschten Bewohner von Gaza haben keine Arbeit und sind in Bezug auf Lebensmittel, Wasser und Treibstoff von ihren Gefängniswärtern und in Bezug auf die spärliche Grundversorgung von den Vereinten Nationen abhängig. Die palästinensische Bevölkerung im Westjordanland, die seit 1967 unter israelischer Besatzung steht, ist auf noch kleinere Enklaven beschränkt, die immer wieder von den Killerkommandos der IDF und faschistischen Siedlerbanden überfallen werden. Wenn man eine ganze Bevölkerung jahrzehntelang einsperrt und sie zu einer kümmerlichen Existenz verdammt, was hat Israel dann erwartet? Menschen, die das Gefühl haben, dass sie nichts mehr zu verlieren haben, können in Wut ausbrechen.

Für arabisch/hebräische Arbeiterrevolution!

Im November letzten Jahres trat Netanjahu erneut sein Amt an, diesmal an der Spitze der am weitesten rechts stehenden Regierung in der Geschichte Israels, der zwei Minister aus der faschistischen Bewegung des verstorbenen Meir Kahane angehören, Bezalel Smotrich (Finanzminister, auch für das Westjordanland zuständig) und Itamar Ben-Gvir (Minister für nationale Sicherheit, zuständig für die Polizei). Seitdem gab es eine lange Reihe von provokativen Angriffen von Polizei und Armee auf palästinensische Städte im Westjordanland, insbesondere in Dschenin, auf der Suche nach „Militanten“. Mehr als 200 Palästinenser wurden im Jahr 2023 bereits vor dem Angriff vom 7. Oktober getötet. Und letzte Woche Donnerstagmorgen stürmten „mehr als 800 israelische Siedler unter dem Schutz von israelischen Einheiten das Gelände der Al-Aqsa-Moschee im besetzten Ost-Jerusalem“ (New Arab, 5. Oktober). All dies wird in den westlichen Medien natürlich nicht erwähnt.

Am 6. Oktober jährte sich zum 50. Mal der Jom-Kippur-Krieg von 1973, als Israel durch einen Überraschungsangriff Ägyptens und anderer arabischer Länder erschüttert wurde. Es kann kein Zufall sein, dass Hamas seinen Angriff früh am nächsten Tag inszenierte. In seiner Ankündigung des Angriffs, der „Operation Al-Aqsa-Flut“, verwies der militärische Arm von Hamas auf die Angriffe auf die Jerusalemer Moschee und die über 5.000 Palästinenser, die in israelischen Gefängnissen schmachten. Hamas rechtfertigte die Geiselnahme, um sie gegen die inhaftierten Palästinenser auszutauschen. Verfechter der demokratischen Rechte fordern seit langem die Freilassung der Tausenden von Palästinensern, die von Israel als Geiseln festgehalten werden. Doch in der gegenwärtigen Atmosphäre ist es zweifelhaft, ob die Sorge um das Leben der israelischen Geiseln die militärische Invasion der Zionisten in Gaza auch nur eine Minute aufhalten wird.

Es ist auch sicher kein Zufall, dass der dramatische Angriff von Hamas nach den großen Protesten von Hunderttausenden gegen Netanjahus Justiz-"Reform“ stattfand, die dem Obersten Gerichtshof von Israel die Möglichkeit nehmen würde, Entscheidungen und politische Maßnahmen zu blockieren, die von der Knesset, dem Parlament von Israel, beschlossen wurden. Obwohl liberale und „linke“ Zionisten (und ihre US-Unterstützer) dies als „Putsch“ von Netanjahu bezeichnen, ist die gegenwärtige Situation, in der einige wenige nicht gewählte Richter ein Veto gegen die Maßnahmen des gewählten Parlaments einlegen können, höchst undemokratisch. Das eigentliche Problem ist, dass der zionistische Staat selbst durch und durch antidemokratisch ist, ein religiös definierter „jüdischer Staat“, der auf der Unterwerfung der palästinensischen Bevölkerung beruht, sei es als „Bürger“ zweiter Klasse in Israel selbst oder als rechtlose Untertanen in der besetzten Westbank. Dennoch haben die liberalen Zionisten alle palästinensischen Fahnen von ihren Protesten rigoros ausgeschlossen.

In seiner Rede vor den Vereinten Nationen am 22. September zeichnete der israelische Premierminister mit einem großen Marker einen Plan des „Neuen Nahen Ostens“, in dem das besetzte Westjordanland und der Gazastreifen schon vom zionistischen Staat annektiert wären. (Foto: Richard Drew / AP)

Hamas könnte auch damit gerechnet haben, dass die Biden-Regierung in den USA mit dem Krieg in der Ukraine beschäftigt und daher weniger in der Lage sei, einzugreifen, was bei weitem nicht der Fall ist; und dass sein Angriff es den arabischen Regimen erschweren würde, die Beziehungen zu Israel zu „normalisieren“, was sich als richtig herausstellen könnte. Bei einer Rede vor den Vereinten Nationen im vergangenen Monat hielt Netanjahu eine Karte des „neuen Nahen Ostens“ hoch und zeichnete mit einem roten Jumbo-Marker eine Achse, die sich von den Vereinigten Arabischen Emiraten über Saudi Arabien und Israel (mit Westjordanlands und Gaza annektiert) bis nach Europa erstreckt. Doch während ein solcher zionistischer Wunschtraum vorerst vom Tisch sein mag, könnten die Kämpfe in Israel einen regionalen Krieg auslösen. Die USA haben eine Marinekampfgruppe in das östliche Mittelmeer verlegt, um den Iran vor einem Eingreifen zu warnen, aber ein Massaker in Gaza könnte explosive Unruhen in der gesamten Region auslösen.

Im Moment schließen die liberalen Zionisten die Reihen mit Netanjahu, Verhandlungen über eine Regierung der „nationalen Einheit“ sind im Gange, der auch Benny Gantz angehören würde, der pensionierte General, der bei den Wahlen im Oktober 2022 gegen Netanjahu kandidierte. Gantz, der der zionistischen „Linken“ als Weg zur Zügelung der faschistischen Minister verkauft wird, ist keine „Taube“, denn er hat 2021 als Verteidigungsminister in einer früheren, von Netanjahu geführten Regierung der „Einheit“ das Massaker an Palästinensern in Gaza befohlen. Eine groß angelegte Invasion von Gaza wird zweifelsohne zu erheblichen Verlusten in der IDF führen, da die Kräfte von Hamas, die in der Lage sind, die Grenzmauer innerhalb von Minuten zu überwinden, mit Sicherheit tödliche Fallen in Gaza vorbereitet haben.4 Aber unabhängig vom Ausmaß der israelischen Verluste wird der bevorstehende israelische Bodenangriff (für den die IDF mehr als 360.000 Reservisten mobilisiert hat) nichts anderes als ein vorsätzliches Abschlachten von Palästinensern sein.

Viele Palästinenser, die unter dem Joch der israelischen Besatzung leben, und palästinensische Aktivisten im Ausland waren über den Angriff von Hamas erfreut. Die bürgerlich-nationalistische PLO und die von ihr geführte, zutiefst diskreditierte palästinensische Autonomiebehörde sind nichts anderes als Sicherheitskräfte für Israel, die von den Vereinigten Staaten über den US-Sicherheitskoordinator, einen Generalleutnant im Pentagon, bezahlt werden. Der islamische Fundamentalismus von Hamas und anderen Gruppierungen wie dem Islamischen Dschihad, der auf Kosten der PLO gewachsen ist, kann nur zu einer Niederlage führen. Die umliegenden arabischen Staaten werden den Palästinensern nur symbolisch zu Hilfe kommen, wahrscheinlich sogar überhaupt nicht, wie die Rolle Ägyptens und Jordaniens als Kerkermeister der palästinensischen Flüchtlinge seit dem arabisch-israelischen Krieg 1967 zeigt. Auch der Iran wird sich wahrscheinlich nicht auf einen Kampf mit Washington einlassen, da er große Anstrengungen unternommen hat, um eine teilweise Aufhebung der US-Sanktionen zu erreichen. All diese Kräfte – einschließlich Hamas – versuchen in Wirklichkeit, einen Deal mit den Imperialisten und Zionisten zu schließen, und zwar auf Kosten der Palästinenser.5

Der einzige Weg zu einer Zukunft in Frieden und echter Befreiung für die palästinensischen Massen liegt im gemeinsamen revolutionären Kampf mit den Werktätigen von Israel, sowohl den hebräisch-sprachigen als auch den arabischen, so weit entfernt und unwahrscheinlich das derzeit auch scheint. Und die jüdische Bevölkerung von Israel, von der die Hälfte nicht religiös ist, kann nur auf eine „Zukunft“ als belagerte Garnison blicken, die der endlosen Bedrohung und der periodischen Realität des Krieges ausgesetzt ist. Die zionistische „Linke“ ist als wählbare Kraft am Ende und wird von der logischen Entwicklung des theokratischen Staates, den sie einst anführte, aufgezehrt. In der Zwischenzeit könnte die faschistoide Siedlerbewegung versuchen, die gegenwärtige Krise zu nutzen, um die seit langem bestehenden Pläne zur Vertreibung Hunderttausender palästinensischer Araber aus dem Westjordanland und aus Israel zu verwirklichen.6 Ein „jüdischer Staat“, der per definitionem die umliegende Bevölkerung ausschließt und ihr entgegengesetzt ist, kann im Nahen Osten niemals sicher sein, auch nicht mit völkermörderischem Terror, wie es Israel jetzt tut.


Kontingent der Internationalisten beim Solidaritätsmarsch für Palästina, am 9. Oktober in New York City.  (Internationalist photo)

Die Internationalistische Gruppe und die Liga für die Vierte Internationale stehen voll und ganz auf der Seite des palästinensischen Volkes, das wir immer gegen den zionistischen Unterdrückerstaat und seine imperialistischen Schutzherren verteidigt haben, die es zu einer staatenlosen, verarmten Existenz und zum Exil verdammt haben. Die Trotzkisten waren gegen die Gründung des zionistischen Staates, der auf der Enteignung und Massenvertreibung der arabischen Mehrheit von Palästina aufbaut. Dieses historische Verbrechen geschah vor dem Hintergrund des Nazi-Holocausts, dem im Zweiten Weltkrieg über 6 Millionen Juden zum Opfer fielen, und wurde durch die Weigerung der „demokratischen“ Imperialisten genährt, während und nach dem Krieg jüdische Flüchtlinge aufzunehmen. Wir sind gegen alle religiös begründeten Staaten, ob es der selbsternannte „jüdische Staat“ Israel ist oder die islamischen Republiken Iran und Pakistan, offiziell christliche Staaten (wie Francos Spanien), usw.

Allerdings gibt es als Ergebnis dieser Geschichte von Verbrechen über Verbrechen nun zwei Völker, die dasselbe kleine Gebiet bewohnen: die etwa 7 Millionen hebräisch sprechende Bevölkerung und eine ebenso große Zahl von Palästinensern, die sich auf das besetzte Westjordanland, Gaza und Israel selbst verteilen. In der Zwischenzeit gibt es weitere mehr als 3 Millionen palästinensische Flüchtlinge in der unmittelbaren Umgebung (Jordanien, Syrien, Libanon, Ägypten) und weitere zwei Millionen anderswo in der Diaspora. Wir verteidigen die unterdrückten Palästinenser gegen den israelischen Unterdrücker und kämpfen für das Recht aller Palästinenser auf Rückkehr in ihr Heimatland. Um einen Weg zu einer gerechten und tragfähigen Lösung zu eröffnen, führt kein Weg daran vorbei: Beide Völker haben ein nationales Existenzrecht. Aber in einem „Zwei-Staaten-Szenario“, wie es im Osloer Abkommen von 1994 vorgesehen ist, wird unter dem Kapitalismus derjenige, der knappe Ressourcen wie Wasser bekommt, der Stärkere sein, und das wird nicht ein kleiner, verstreuter palästinensischer „Staat“ sein.

Zwar bezeichnen viele „Progressive“ Israel als „kolonialen Siedlerstaat“, doch im Gegensatz zu den Siedlern im Westjordanland, bei denen es sich zumeist um Emigranten aus den USA, insbesondere aus New York City, handelt, hat die große Mehrheit der hebräisch sprechenden Israelis keine andere Heimat, in die sie zurückkehren könnten. Die zionistische Festung Israel muss von innen heraus gesprengt werden, und die Massenproteste in den ersten neun Monaten des Jahres 2023 offenbarten zahlreiche Risse, die den scheinbaren Monolithen sprengen könnten. Die IG/LVI vertritt die Auffassung, dass in solchen Fällen miteinander verflochtener Völker der einzige Weg zu einer gerechten und demokratischen Lösung für konkurrierende nationale Rechte in einer sozialistischen Revolution durch den gemeinsamen Kampf der Werktätigen beider Nationen besteht. Um eine wirkliche Verteidigung des palästinensischen Volkes zu gewährleisten, kämpfen wir für einen binationalen arabisch/hebräischen Arbeiterstaat Palästina, der sich mit dem machtvollen Proletariat der Türkei, Ägyptens und des Irans in einer sozialistischen Föderation des Nahen Ostens zusammenschließt.

Diese Perspektive erfordert das Schmieden der Führung einer arabisch/hebräischen revolutionären internationalistischen Arbeiterpartei auf der Grundlage des echten Kommunismus von Lenin und Trotzki. Dies ist der einzige Weg zur Befreiung, und es ist eine Aufgabe, die wir in den vor uns liegenden dunklen Zeiten in Angriff nehmen müssen. ■

Die Ursprünge von Hamas

Wir haben mehrmals darüber geschrieben, wie „während Zionisten gegen Hamas wettern, sie es versäumen zu erwähnen, dass Israel geholfen hat, die reaktionäre islamische Gruppe zu gründen, um mit der palästinensischen nationalistischen Fatah zu konkurrieren“.7 („Verteidigt Gaza und das palästinensische Volk – Für arabisch/hebräische Arbeiterrevolution!“ The Internationalist Nr. 38, Oktober-November 2014). Während und seit Israels Angriff auf Gaza im Jahr 2021 sind weitere Details über die Unterstützung der Islamisten durch die Zionisten ans Licht gekommen. In einem Leserbrief an die New York Times (18. Mai 2021) schrieb der ehemalige Leiter des Jerusalemer Büros der Times, David Shipler, dass „Israel viel mehr getan hat, als nur zu ‚erlauben‘“, dass Hamas als Gegengewicht zu Yasir Arafats säkularer Fatah-Partei, die die palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) anführt, entsteht:

„1981 erzählte mir Brigadegeneral Yitzhak Segev, Israels Militärgouverneur von Gaza, dass er auf Anweisung der israelischen Behörden Geld an die Muslimbruderschaft, den Vorläufer von Hamas, gab. Mit der Finanzierung sollte Macht von den kommunistischen und palästinensischen nationalistischen Bewegungen in Gaza weggenommen werden, die Israel für bedrohlicher hielt als die Fundamentalisten.“

Nachdem ein ehemaliger Führer der Muslimbruderschaft, Scheich Ahmed Jassin, 1978 seine „Islamische Vereinigung“ gegründet hatte, schüttete Israel Geld in einige seiner Projekte, und das über Jahre hinweg. General Segev sagte: „Die israelische Regierung gab mir ein Budget, und die Militärregierung gibt es an die Moscheen weiter.“ Einige Jahre später gründete Jassin die Hamas (das arabische Akronym für Islamische Widerstandsbewegung).  Avner Cohen, der Beamte der während der mehr als zwei Jahrzehnte andauernden israelischen Besetzung für die religiösen Angelegenheiten in Gaza verantwortlich war, sagte später: „Hamas ist zu meinem großen Bedauern Israels Schöpfung“ (aus dem Video „Blowback: How Israel Helped Create Hamas“ [Rückschlag: Wie Israel half, Hamas zu erschaffen], The Intercept, 20. Februar 2018).

Der Aufbau von Hamas als Alternative zur PLO und um die Bildung eines palästinensischen Staates zu verhindern, ist seit Jahrzehnten eine Politik der rechten zionistischen Likud-Partei. Sie war der Eckpfeiler der Entscheidung des damaligen israelischen Premierministers Ariel Scharon, der Likud nach dem Sturz von Netanjahus erster Regierung übernahm, sich 2005 von Gaza „zu lösen“. Der Scharon-Berater Dov Weissglas schrieb: „Dieses ganze Paket namens palästinensischer Staat ist auf unbestimmte Zeit von der Tagesordnung verschwunden.... Der Plan liefert die nötige Menge an Formaldehyd, damit es keinen politischen Prozess mit den Palästinensern geben wird.“ Als Netanjahu wieder am Ruder war, stimmte er 2018 zu, dass Katar jährlich Millionen von Dollar zur Finanzierung der Hamas-Regierung in Gaza überweist („Das Ende der Netanjahu-Doktrin“, +972 Magazine (9. Oktober).

Ein Jahr später, bei einem Treffen von Likud-Abgeordneten in der Knesset im März 2019, erklärte Netanjahu: „Jeder, der die Errichtung eines palästinensischen Staates vereiteln will, muss die Stärkung von Hamas und den Transfer von Geld an Hamas unterstützen.... Das ist Teil unserer Strategie – die Palästinenser in Gaza von den Palästinensern im Westjordanland zu isolieren.“ Der Ministerpräsident, der wegen dreier Korruptionsfälle angeklagt ist, vertraute seine Strategie den Ermittlern der Polizei an. Über Hamas und die Hisbollah im Libanon sagte er: „Ich führe sie in die Irre, destabilisiere sie, mache mich über sie lustig und schlage ihnen dann auf den Kopf.“ Es kann keine Einigung mit ihnen geben, sagte er, „aber wir kontrollieren die Höhe der Flammen“ („Israel kann nicht von einem kriminellen Angeklagten gemanagt werden“, Haaretz, 9. Oktober). Diesmal nicht. Der Angriff von Hamas hat Netanjahus gesamte Strategie in Flammen aufgehen lassen. ■


  1. 1. Nach den Statistiken der Vereinten Nationen wurden von 2008 bis März 2023 6.269 Palästinenser bei Zusammenstößen getötet, während 293 Israelis getötet wurden.
  2. 2. Siehe „U.S. Imperialism Hurtling Toward World War III,“ [US-Imperialismus rast auf den 3. Weltkrieg zu] The Internationalist No. 69-70, Januar-Mai 2023.
  3. 3. Im November 2021 unternahm Bowman eine von der liberalen Zionisten-Lobby J Street „arrangierte“ all-inclusive-Reise nach Israel, über die er in einem glühenden Bericht über seine Treffen mit dem Präsidenten von Israel, dem Premierminister (Netanjahu), den „Israel Defense Forces“ und anderen berichtete ("Reflecting on My Trip to Israel“, 20. November 2021). Inmitten der jüngsten Aufregung ließ Bowman verlauten, dass er seine DSA-Mitgliedschaft vor einem Jahr hatte auslaufen lassen.
  4. 4. Saleh al-Arouri, stellvertretender Leiter des Politbüros von Hamas, sagte: „Der Widerstand stützt seine Position und seine Pläne auf die schlimmsten Eventualitäten, einschließlich einer Bodeninvasion“, die er als „das beste Szenario für uns, den Kampf zu lösen“ bezeichnete (zitiert in International Crisis Group, „A Second October War in Israel-Palestine“ [9. Oktober 2023]).
  5. 5. Hamas schlug wiederholt einen zehnjährigen Waffenstillstand mit Israel vor (der abgelehnt wurde), um Gaza friedlich verwalten zu können, so wie es die PLO/PA in den Enklaven im Westjordanland tut.
  6. 6. Diese Pläne wurden ursprünglich von dem „Labor Zionisten“ Yigal Allon, einem ehemaligen Mitglied der Palmach-Miliz und der „linken“ zionistischen Partei Ahdut HaAvoda, als nächster Schritt nach der Eroberung Ost-Jerusalems und des Westjordanlandes durch Israel im Krieg von 1967 ausgearbeitet.
  7. 7. Die Fatah („Sieg“), ein umgekehrtes Akronym für die Palästinensische Nationale Befreiungsbewegung, ist die nationalistische Partei, die den größten Teil der PLO ausmacht.